Als Fachanwalt für Strafrecht mit langjähriger Erfahrung in der bundesweiten Strafverteidigung im Sexualstrafrecht kennt Rechtsanwalt Steffen Lindberg die Besonderheiten, welche bei der Strafverteidigung und als Anwalt im Sexualstrafrecht eine Rolle spielen. Das Sexualstrafrecht gehört insgesamt zu den sensibelsten Bereichen im strafrechtlichen Bereich, welcher neben Fachkenntnis und Engagement auch die Kenntnis sowie Erfahrung im Umgang mit den Emotionen in Sexualstrafverfahren erfordert.
1. Die besondere Bedeutung des Tatvorwurfs im Sexualstrafrecht.
Das Sexualstrafrecht umfasst eine Vielzahl von Straftatbeständen, welche im Abschnitt „Straftaten gegen die sexuelle Selbstbestimmung“ im StGB geregelt sind. Die in der Praxis am häufigsten vorkommenden Tatvorwürfe sind dabei sexueller Missbrauch von Schutzbefohlenen gem. § 174 StGB, sexueller Missbrauch von Kindern gem. § 176 StGB, sexueller Missbrauch von Kindern ohne Körperkontakt gem. § 176a StGB, schwerer sexueller Missbrauch von Kindern gem. § 176c StGB, sexueller Übergriff, sexuelle Nötigung, Vergewaltigung gem. § 177 StGB, sexueller Missbrauch von Jugendlichen gem. § 182 StGB, exhibitionistische Handlung gem. § 183 StGB, Erregung öffentlichen Ärgernisses gem. § 183a StGB, Verbreitung pornografischer Inhalte gem. § 184 StGB, Besitz und Verbreitung von Kinderpornografie gem. § 184b StGB, Besitz und Verbreitung von Jugendpornografie gem. § 184c StGB, sexuelle Belästigung gem. § 184i StGB sowie Verletzung des Intimbereichs durch Bildaufnahmen gem. § 184k StGB. All diese Tatvorwürfe haben die Gemeinsamkeiten, dass bereits die Einleitung des Ermittlungsverfahrens sowie alleine der Tatverdacht – unabhängig davon ob zutreffend erhoben oder nicht – eine gesellschaftlich stigmatisierende Wirkung haben. Neben empfindlichen Strafen drohen daher regelmäßig auch weitergehende Konsequenzen im beruflichen, sozialen und familiären Bereich. Es ist Aufgabe des Strafverteidigers im Sexualstrafrecht, diesen Umstand in die anwaltliche Beratung mit einzubeziehen und eine effektive Strafverteidigung vorzubereiten. Absolute Diskretion ist hierbei eine der Grundvoraussetzungen.
2. Der Umgang mit Emotionen.
In kaum ein anderer Fachbereich innerhalb des Strafrechts spielen Emotionen eine derart große Rolle, wie im Sexualstrafrecht. Dies betrifft sowohl den eigenen Mandanten und dessen persönliches Umfeld, als auch die Anzeigeerstatter. Erfahrung im Umgang mit schwierigen und schwierigsten Fallkonstellationen hilft dem Anwalt im Sexualstrafrecht dabei, den Beschuldigten nicht nur umfassend beraten und begleiten zu können, sondern eben auch die Emotionen für das Strafverfahren richtig einordnen, einzuschätzen und teilweise auch als taktisches Mittel verwenden zu können. Sollte die Situation einer gerichtlichen Hauptverhandlung unumgänglich sein, sind natürlich auch das Gericht selbst, die Staatsanwaltschaft und insbesondere auch Schöffen in einem Bereich tätig, bei dem sie selbst neben der rein juristischen Bewertung Gefahr laufen, dass die Entscheidung von Emotionen beeinflusst werden kann. Auch hier liegt es am Strafverteidiger, die notwendigen Schritte bereits im Vorfeld und auch in der Hauptverhandlung selbst zu ergreifen, um für den eigenen Mandanten ein optimales Resultat zu erkämpfen, welches eben nicht durch eine emotionale Aufladung gefährdet wird.
3. Aussage gegen Aussage – Glaubhaftigkeitsbeurteilung.
Mit Ausnahme von Strafverfahren wegen Kinderpornografie gem. § 184b StGB bzw. wegen Jugendpornografie gem. § 184c StGB besteht eines der Wesensmerkmale im Sexualstrafrecht darin, dass häufig keine objektiven Beweismittel zur Verfügung stehen. Gerade beim Tatvorwurf der sexuellen Nötigung, des Missbrauchs oder der Vergewaltigung handelt es sich sehr häufig um die Situation von Aussage gegen Aussage. Der Verteidiger im Sexualstrafrecht muss daher neben juristischer Fachkenntnis auch die Fähigkeit haben, die Glaubhaftigkeit der Aussage sowie die Glaubwürdigkeit der Personen detailliert analysieren können. Dabei ist fundiertes Wissen über aussagepsychologische Gutachten, Vernehmungstechniken und die typischen Fehler in Erinnerungsprozessen entscheidend. Ein erfahrener Strafverteidiger weiß, wie er Widersprüche oder suggestive Befragungsmethoden aufdecken und die Beweiskraft der Belastungsaussage damit wirksam hinterfragen kann.
4. Sachverständige und Glaubhaftigkeitsgutachten.
Eine der weiteren Besonderheiten im Sexualstrafrecht besteht darin, dass sehr häufig Gutachter beauftragt werden. Sofern es um die Auswertung von Speichermedien, etwa bei Verfahren wg. Kinderpornografie geht, betrifft dies entsprechende Auswertegutachten. Bei den übrigen Sexualdelikten kommen regelmäßig rechtsmedizinische, psychologische und Glaubhaftigkeitsgutachten zum Einsatz. Diese können sowohl zur Be- als auch zur Entlastung des Beschuldigten beitragen. Eine kompetente Verteidigung erfordert die Fähigkeit, Gutachten kritisch zu prüfen und einzuordnen zu können. Gleichfalls muss die Methodik des Gutachtens eingeordnet, hinterfragt und auf Einhaltung der von der obergerichtlichen Rechtsprechung entwickelten Kriterien geprüft werden können. Auch die richtige Strategie im Umgang mit einem bereits erstellten Gutachten ist entscheidend, etwa die Fragestellung, ob eine Gegenvorstellung oder die Beantragung eines weiteren Gutachtens als sinnvoll erscheint.
5. Kommunikation und Strategie der Strafverteidigung.
Von entscheidender Bedeutung ist es, mit dem Mandanten frühzeitig eine klare und konsequente Verteidigungsstrategie zu entwickeln. Diese richtet sich stets nach den Besonderheiten des jeweiligen Einzelfalls. Der Verteidiger muss seinen Mandanten umfassend über sämtliche zur Verfügung stehenden Möglichkeiten einer effektiven Strafverteidigung beraten. Hierzu gehört natürlich auch die Frage, ob und wann der Beschuldigte eine Aussage macht bzw. in welcher Form dies erfolgt. Im Sexualstrafrecht gilt häufig: Schweigen ist keine Schwäche und erst recht kein Schuldeingeständnis, sondern häufig der wirksamste Schutz vor voreiligen Fehlinterpretationen. Zugleich ist ein professioneller, emphatischer Umgang mit allen Verfahrensbeteiligten, also auch mit Gericht, Staatsanwaltschaft und Nebenklage, unerlässlich, um den eigenen Mandanten optimal zu positionieren.
6. Diskretion und Umgang mit den Medien.
Sexualstrafverfahren können mit höher öffentlicher Präsenz verbunden sein. Bereits der Tatvorwurf kann eine existenzvernichtende Wirkung entfalten, unabhängig davon, ob selbiger zutrifft oder nicht. Zielsetzung sollte daher stets sein, eine öffentliche Hauptverhandlung zu verhindern, sofern dies auch nur im Ansatz möglich ist. Dazu gehört, dass in Fallkonstellationen, bei welchen der Tatvorwurf unrichtig erhoben wurde oder selbiger nicht nachweisbar ist, bereits auf Ebene des Ermittlungsverfahrens alle Anstrengungen unternommen werden müssen, um zu einer Einstellung ohne Hauptverhandlung zu gelangen. Selbst wenn der Tatvorwurf aber zutreffend sein sollte, kann im Einzelfall noch eine Hauptverhandlung vermieden werden. Sollte dies wegen der Schwere des Tatvorwurfs nicht möglich sein, ist es wichtig, Erfahrung im Umgang mit Presseanfragen und in der richtigen Kommunikation mit Vertretern der Presse zu haben, um den eigenen Mandanten bestmöglich zu schützen.
7. Fazit: Frühzeitige Verteidigung ist entscheidend.
Die Strafverteidigung im Sexualstrafrecht verlang höchste fachliche Kompetenz, psychologische Sensibilität und strategisches Geschick. Durch frühzeitige und spezialisierte Verteidigung kann eine optimale Positionierung und auch das bestmögliche Ergebnis erkämpft werden.