1. Man muss das Handy entsperren und Passwörter mitteilen
Das ist nicht zutreffend! Niemand ist verpflichtet, sich selbst einer Straftat zu überführen. Es besteht daher auch keine Verpflichtung, der Polizei bei der Durchsuchung die Passwörter oder die Verschlüsselung mitzuteilen. Geschieht dies unter dem Eindruck der Durchsuchung trotzdem, ist es Aufgabe des Anwalts bei § 184b StGB, dies als besondere Kooperation in der Ermittlungsakte dokumentieren zu lassen.
2. Es besteht die Verpflichtung zur einer Erkennungsdienstlichen Behandlung
Falsch – jedenfalls nicht in dieser allgemeinen Form. Häufig ist es so, dass im Rahmen einer Durchsuchung wegen Kinderpornografie seitens der Polizei auch eine Erkennungsdienstliche Behandlung eingefordert wird. Teilweise wird dabei der Eindruck erweckt, der Beschuldigte sei bereits in diesem Verfahrensstadium zu solch einer ED-Behandlung verpflichtet. In aller Regel ist dies indes nicht der Fall. Insbesondere Erkennungsdienstliche Behandlungen, welche zur Speicherung für künftige Verfahren dienen, unterfallen speziellen rechtlichen Voraussetzungen, welche zuvor geprüft werden sollten. Bevor die Zustimmung zu einer ED-Behandlung erteilt wird, ist es daher sinnvoll, diese Fragestellung zunächst mit dem Strafverteidiger zu erörtern. Sofern die ED-Behandlung bereits erfolgt ist, gilt auch an dieser Stelle, dass es Aufgabe des Anwalts bei § 184b StGB ist, dies als besondere Kooperation in der Ermittlungsakte dokumentieren zu lassen.
3. Die Polizei hat Fehler bei der Durchsuchung gemacht, dies führt zur Unverwertbarkeit der Ergebnisse
Leider nicht! Bei einer Durchsuchung wegen Kinderpornografie kann es in der Praxis immer wieder dazu kommen, dass rechtliche Rahmenbedingungen nicht umfassend durch die Ermittlungsbehörden eingehalten wurden. Dies kann etwa die Frage von Durchsuchungszeugen, die zu durchsuchenden Räumlichkeiten, den Zeitpunkt der Durchsuchung etc. betreffen. Im Gegensatz zu anderen Rechtssystemen ist es in Deutschland indes so, dass nicht jedes Beweiserhebungsverbot zu einem sogenannten Beweisverwertungsverbot führt. Mit anderen Worten: Nicht jeder Fehler bei der Durchsuchung führt auch zur Unverwertbarkeit der aufgefundenen Beweismittel. Positiv allerdings: Wird gegen zentrale Belehrungspflichten verstoßen, kann die Aussage gegebenenfalls angreifbar sein. Auch hier kommt es allerdings entscheidend auf die Umstände des Einzelfalls an.
4. Handy und PC sollen so schnell wie möglich ausgewertet werden
Nicht optimal! Es ist völlig klar und verständlich, dass ein Verfahren wegen Kinderpornografie eine Ausnahmesituation für den Beschuldigten darstellt. Insbesondere die Unklarheit über die Frage, was auf den Speichermedien gefunden oder nicht gefunden werden kann, belastet regelmäßig die Betroffenen. Auf der anderen Seite muss allerdings ganz klar davor gewarnt werden, bei der Auswertung unnötig Druck zu entfalten. Dies aus mehreren Gründen: Einerseits ist es so, dass der Zeitablauf bereits einen Strafmilderungsgrund darstellen kann. Dies gilt gerade für Fallkonstellationen, bei denen die Auswertung äußerst lange dauert und sogar die Grenze der sogenannten rechtsstaatswidrigen Verfahrensverzögerung erreicht wird. Andererseits kann die zeitliche Komponente natürlich auch genutzt werden, um eine ordnungsgemäße Strafverteidigung vorzubereiten. Schließlich ist es möglich, dass bei einem unbedachten Druck bei der Auswertung die Speichermedien völlig unnötig an einen externen Sachverständigen, also an ein privates Sachverständigenbüro, weitergegeben werden. Dies ist häufig mit ganz erheblichen zusätzlichen Kosten verbunden, welche je nach Fallkonstellation hätten vermieden werden können. Es sollte daher im konkreten Einzelfall mit dem Anwalt für Kinderpornografie besprochen werden, ob ein Antrag auf priorisierte, also bevorzugte und beschleunigte Auswertung Sinn macht oder nicht.
5. Bestimmt ist Verjährung bei Besitz von Kinderpornografie eingetreten
Häufig nicht! Es kommt nicht selten vor, dass Beschuldigte die Frage der Verjährung aufwerfen. Dabei ist wichtig zu wissen, dass die regelmäßige Verjährung bei Besitz von Kinderpornografie 5 Jahre beträgt. Es gibt allerdings zahlreiche Faktoren, welche die Verjährung unterbrechen können. Insbesondere ist es aber wichtig zu wissen, dass gerade bei kinderpornografischen Dateien die Verjährung erst in dem Moment zu laufen beginnt, in welchem auch der Besitz endete. Sehr häufig ist dies erst der Zeitpunkt der Durchsuchung. Hat man also strafbare Inhalte vor 10 oder 15 Jahren empfangen und diese weiterhin auf den Speichermedien, beginnt die Verjährungsfrist erst mit der Beschlagnahme bzw. Sicherstellung zu laufen und nicht etwa mit dem Erwerb.
6. Mir ist egal, ob die Polizei oder ein privater Sachverständiger auswertet
Hoffentlich nicht! Es ist zwar nicht immer möglich, die Frage der Auswertung zu beeinflussen. Man sollte dies allerdings definitiv über einen erfahrenen und spezialisierten Strafverteidiger versuchen. Hintergrund hierfür ist insbesondere der Umstand, dass durch die Beauftragung eines externen Sachverständigenbüros in aller Regel massive Auswertekosten anfallen können, welche bei der Auswertung durch die Polizei nicht gegeben sind. Auch die sogenannte Auswertetiefe, also insbesondere Fragestellungen zur Rekonstruktion im gelöschten Bereich sowie zum Öffnen von Tresordateien können im Einzelfall durchaus unterschiedlichen Erfolg haben.
7. Es gibt immer eine öffentliche Hauptverhandlung
Nein! Zu den Besonderheiten bei Strafverfahren wegen Kinderpornografie gehört unstreitig, dass bereits der Tatvorwurf für sich genommen – wohlgemerkt unabhängig davon ob zutreffend oder unzutreffend erhoben – eine gesellschaftlich stigmatisierende Wirkung hat. Es müssen daher im Rahmen einer effektiven Strafverteidigung regelmäßig alle Anstrengungen unternommen werden, um – sofern möglich – eine Hauptverhandlung zu vermeiden. Dies bedeutet, dass bei unklarer Beweislage oder unrichtigem Tatvorwurf bereits auf Ebene des Ermittlungsverfahrens alle Anstrengungen unternommen werden müssen, um für eine Einstellung des Verfahrens zu kämpfen. Selbst wenn der Tatvorwurf aber nachweisbar sein sollte, besteht je nach Fallkonstellation auch die Möglichkeit einer Verfahrenserledigung gem. § 153a StPO oder im Wege des Strafbefehls, also in einer Art schriftlichem Verfahren. Entscheidend sind immer die Umstände des Einzelfalls. Wichtig ist allerdings zu wissen, dass es diese Möglichkeiten gibt und man diese im Rahmen einer effektiven Strafverteidigung auch nutzen sollte.
8. Ich warte auf die Auswerteergebnisse und gehe dann zum Anwalt
Keine gute Idee! Es ist völlig verständlich, dass einem der Tatvorwurf Kinderpornografie äußerst unangenehm ist. Gerade in diesem Deliktsbereich besteht daher die besonders große Gefahr, dass rechtliche Nachteile alleine dadurch entstehen, indem „der Kopf in den Sand gesteckt wird“. Strafverteidiger Steffen Lindberg, MM ist aus einer über 20jähigen Erfahrung bei der Strafverteidigung im Sexualstrafrecht „nichts fremd“. Häufig gelingt es daher auch innerhalb kürzester Zeit, das für eine erfolgreiche Strafverteidigung notwendige Vertrauensverhältnis aufzubauen. Es gilt der Grundsatz: Je früher eine qualifizierte rechtliche Begleitung und Beratung erfolgt, desto rascher kann eine positive Weichenstellung für den eigenen Mandanten vorgenommen werden. Umgekehrt lassen sich vielmehr im Ermittlungsverfahren nur schwer und im ungünstigen Fall überhaupt nicht korrigieren. Nach dem Erhalt einer Beschuldigtenvorladung, eines Anhörungsbogens oder einer bereits erfolgten Durchsuchung sollte daher Kontakt zu einem im Bereich des § 184b StGB qualifizierten Strafverteidigers aufgenommen werden.
9. Besitz von Kinderpornografie bedeutet pädophil
Unrichtig! Es gibt natürlich Beschuldigte, welche dieser Bezeichnung unterfallen. Gerade im Hinblick auf die sogenannte „pädophile Hauptströmung“ ist dies aber zahlenmäßig eher der untergeordnete Teil. Eine solche Hauptströmung liegt in medizinischer Sicht gemäße ICD-10 nur dann vor, wenn eine sexuelle Präferenz für Kinder, welche sich in der Regel bereits in der Vorpubertät entwickelt hat, besteht. In der Praxis viel häufiger anzutreffen sind indes sogenannte „pädophile Nebenströmungen“ oder „anderweitige Umstände“, welche zu einer strafrechtlichen Relevanz führen. Das entsprechende Spektrum ist sehr weit gefächert und betrifft u. a. auch Fälle von mangelnder Empathie mit Kindern, dem Ausleben von Machtfantasien, der fehlenden Fähigkeit Sexualität mit Erwachsenen auszuleben oder eine Art „Sammelwut“, welche sich mehr oder weniger auf alles bezieht, was einen pornografischen Inhalt hat. Hierbei sind dann natürlich auch Überschneidungen möglich. Wichtig ist allerdings zu wissen, dass die Ursachen für den Besitz von Kinderpornografie völlig unterschiedlich sein können. Je nach Fallkonstellation ist es wichtig, diese auch entsprechend herauszuarbeiten und die Strafverteidigung dann auch mit professioneller therapeutischer Unterstützung zu flankieren.
10. Es muss ein Anwalt vor Ort beauftragt werden
Falsch! Es besteht zum Glück die Möglichkeit der freien Anwaltswahl. Gerade Strafverfahren wegen Kinderpornografie nehmen in faktischer und in rechtlicher Hinsicht eine Sonderstellung ein. Es existiert nahezu kein anderer Tatvorwurf, bei welchem bereits die Anschuldigung eine derart stigmatisierende Wirkung hat, wie in diesem Deliktsbereich. Neben umfassender Kenntnis sämtlicher strafprozessualer Möglichkeiten, der aktuellen bundesweiten Rechtsprechungspraxis, der obergerichtlichen Rahmenbedingungen und dem Engagement des Strafverteidiger ist dabei auch Erfahrung im Umgang mit der Strafverteidigung bei § 184b StGB für einen erfolgreichen Verfahrensabschluss wichtig.